Scherenschnitte dienten einst der Herstellung von Porträts auf Jahrmärkten, und bis zum Ende des Biedermeier blieben sie eine beliebte bürgerliche Freizeitbeschäftigung. Oft den Frauen vorbehalten, waren ihre Motive "zierlich, trivial und romantisch" (Zitat der Künstlerin). Nach Erfindung der Fotografie pflegten nur noch detailversessene Laien und Kindergärten diese Technik.
Annette Schröter (*1956 in Meißen), wichtige Vertreterin der Leipziger Schule und Professorin für Malerei und Grafik an der HGB, erkannte das Potential des antiquierten Mediums und entwickelte es virtuos weiter. Sie arbeitet mit Mustern und Konturen, Räumen, Texturen und Unschärfen – und sprengt das althergebrachte Maß. Ihre Papierschnitte sind Großformate mit der Tendenz zur Rauminstallation.
Auch die Inhalte verändert Annette Schröter radikal. Ihre ‘Heimatbilder’ setzen sich aus den Labels multinationaler Konzerne zusammen, ihre postmodernen Veduten zeigen Graffiti, verfallende Industriearchitektur, verrottende Arbeiterdenkmäler oder pflanzenberankte Maschendrahtzäune.
“Etwas aufzunehmen, was sonst als trivial, kitschig, subkulturell oder altmodisch gilt, bietet die Chance, es im Rahmen der Hochkunst neu zu sehen und diese damit zugleich zu bereichern.” schrieb der Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich über Arbeiten Annette Schröters.